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Die grundlegenden Prinzipien der Lochkamerafotografie und der Herstellung eines Lochs sind in der Lochkamera-FAQ erläutert. Auf dieser Seite finden sich daher lediglich zusätzliche Erläuterungen zu einigen Besonderheiten bei der Verwendung eines Lochs als Aufnahme-"Objektiv".

Bildschärfe / Blende / Brennweite / Lochgröße / Material / Metallfolie / Schärfentiefe / Tunneleffekt


Bildschärfe

Die Bildschärfe einer Lochkamera ist begrenzt. Man kann hier nur von einer relativen Schärfe sprechen. Der Grund ist einfach zu verstehen, wenn man sich folgende Überlegung zu eigen macht:
Das Aufnahme-"Objektiv" ist ein Loch. Es fehlt also ein Linsensystem, welches die einfallenden Lichtstrahlen bündelt und in einen gemeinsamen Brennpunkt lenkt. Im Idealfall ist das aufzunehmende Motiv im Unendlichen. In diesem Fall fallen die Lichtstrahlen von einem beliebigen Punkt des Motivs absolut parallel ein. Auf das Negativ gelangen alle Lichtstrahlen, die durch das Aufnahmeloch hereinkommen. Da sie absolut parallel sind, treffen sie auf dem Negativ auf einer Kreisfläche mit dem Durchmesser des Lochs auf und belichten dieses entsprechend. Da alle Lichtstrahlen dieselbe Information tragen, erfolgt eine exakt gleiche Schwärzung auf dem Film. Ist das Motiv näher, so fallen die Lichtstrahlen nicht mehr parallel ein, sie divergieren um so stärker, je geringer der Abstand Kamera - Motiv ist. Die Lichtstrahlen laufen also auch nach dem Passieren des Lochs in der Kamera noch etwas weiter auseinander und verteilen sich auf eine kreisförmige Fläche, die noch etwas größer als das Loch ist. Die maximale Auflösung einer Lochkamera ist somit durch den Lochdurchmesser bestimmt, die feinsten abgebildeten Bildinformationen haben damit mindestens Lochgröße und lassen sich nicht schärfer darstellen.

Blende

Die Lochkamera hat wie eine "normale" Kamera eine Blende (genauer gesagt: eine Blendenzahl). Während dieser Wert bei Linsensystemen variabel ist, da man ein Objektiv in der Regel ja abblenden kann, hat eine Lochkamera üblicherweise einen festen Blendenwert. Man bezeichnet hier als Blende B den Quotienten aus Brennweite F und Lochdurchmesser D:

B = F / D

Die Blendenzahl hängt direkt mit der erforderlichen Belichtungszeit zusammen. Bei konstanter Beleuchtung entspricht eine Verdoppelung der Blendenzahl einer Vervierfachung der Belichtungszeit, eine Halbierung der Blendenzahl somit einer Viertelung der Belichtungszeit. Der Grund ist geometrischer Natur. Der in die Berechnung der Blendenzahl einfließende Durchmesser der Aufnahmeöffnung bestimmt die Durchtrittsfläche für das einfallende Licht über die bekannte Formel 2 * Pi * r^2. Durch die Quadrierung des Radius vervierfacht sich die Fläche bei doppeltem Durchmesser, entsprechend ändert sich die Lichtmenge.

Brennweite

Eine "Brennweite" im physikalisch-optischen Sinn gibt es bei einer Lochkamera nicht, da keine Lichtbrechung bzw. -reflexion stattfindet und damit auch keine Lichtstrahlen in einem Brennpunkt vereinigt werden. Der Begriff wird jedoch analog angewendet und bezeichnet einfach den Abstand zwischen Aufnahmeöffnung und Filmebene.

Herleitung der Lochgröße

Die ideale Größe der Aufnahmeöffnung leitet sich aus einer Optimierung der Beugungsunschärfe und der geometrischen Unschärfe her.
Der Durchmesser des Beugungsscheibchens ist 2.44 * lambda * k, k ist die Blendenzahl, also D/d (Abstand/Durchmesser), die geometrische Unschärfe ist natürlich der Lochdurchmesser d.

Den optimalen Durchmesser bekommt man wenn beide Unschärfekreise gleich groß sind:

2.44 * lambda * D / d = d

oder d = Wurzel( 1.34E-3 * D ) = 0.0366 * Wurzel(D)

(was also nach Rundung der in der FAQ verwendeten Formel D = 0,037 x SQR(F) entspricht), wenn man für lambda die vorherrschende Wellenlänge des Sonnenlichts (etwa 550nm) in Millimetern (also 550e-6 mm) (!) einsetzt. Man erhält dann d in mm wenn man D ebenfalls in mm mißt.

Bei D=50mm kommt man so z.B. auf d=0.26mm

Überlegungen zum Material für das Loch

Sofern man das Loch nicht sowieso unmittelbar in die "Kamera" macht, z.B. bei Verwendung einer Getränkedose, so stellt sich die Frage, welche Materialien geeignet sind.
Grundsätzlich kann man jedes Material verwenden, das folgende Eigenschaften erfüllt:

- möglichst dünn,
- lichtdicht,
- ermöglicht runde, saubere, gratfreie Löcher

Ich habe funktionierende und ordentlich abbildende Löcher bereits in schwarzem Papier gemacht. Ein entsprechendes Loch mit ca. 0,5 mm Durchmesser ist in meiner Kartonkamera 13x18 eingebaut.
Die bessere Wahl - weil stabiler, besser zu bearbeiten und leichter sauber zu halten - ist dünne Metallfolie. Während normale Haushaltsalufolie in der Regel zu leicht reisst und schwieriger zu bearbeiten ist, ist Messing- oder Edelstahlfolie ideal.

Metallfolie

Für Metallfolie gibt es mehrere Bezugsmöglichkeiten:
Einmal werden solche Folien z.B. zum Einrichten (Justieren) von Werkzeugmaschinen verwendet. Es gibt sie u.a. in Stärken von 0,025 / 0,050 / 0,075 / 0,100 / 0,1500 / ... mm. Die Folien gibt es in Messing- und Edelstahlausführung in Rollen a 150 x 2500 mm. Die Kosten liegen bei etwa 60,-- DM (Messing) bzw. 35,-- DM (Edelstahl), wobei die 0,025-Edelstahlausführung auch ca. 60,-- DM kostet.
Ein guter Werkzeugladen sollte in der Lage sein, die Folien zu bestellen, eventuell kann man kleine Stücke in Fertigungsbetrieben bekommen.

Eine andere Möglichkeit besteht darin, in Bastel-/Handarbeitsgeschäften sogenannte Prägefolie zu erwerben. Diese gibt es in mehreren Farben und Stärken. Es handelt sich vermutlich um gefärbte Edelstahlfolie (gold, kupfer etc.). Ich habe letztens für 3 Blatt à 30 x 19 cm 5,40 DM bezahlt. Eine Messung mit einer Mikrometerschraube ergab eine Stärke von 0,075 mm, also ideal für Lochkamera-Zwecke.
Eine dritte Quelle sind die Töpfchen, in denen Teelichter stecken. Die Töpfchen bestehen aus dünner Metallfolie (das Mikrometer zeigte 0,08 mm). Nachteilig ist hierbei etwas, dass man nur relativ kleine ebene Flächen hat, die etwas schwieriger zu bearbeiten sind.

Schärfentiefe

Wenn man sich die weiter oben gemachten Ausführungen zur Bildschärfe durchliest, so müßte man auf den Gedanken kommen, daß Lochkameraaufnahmen um so schärfer werden, je weiter das Motiv entfernt ist. In der Theorie ist das richtig und es sollte eigentlich keinen Schärfentiefenbereich geben.
In der Praxis spielen jedoch Korngröße des Films, das begrenzte Auflösungsvermögen des menschlichen Auges, Beugungserscheinungen an den Lochrändern und die Tatsache, daß das Auflösungsvermögen einer Lochkameraaufnahme durch den Lochdurchmesser vorgegeben ist, eine wesentliche Rolle.
Zusammen sorgen sie dafür, daß für einen sehr großen Entfernungsbereich der gleiche Schärfeeindruck auf dem Film erzeugt wird. Dieser Bereich ist dann die Schärfentiefe.
Bei einer Lochkamera reicht er vom Unendlichen bis beinahe zur Kamera. Lediglich Motive, deren Abstand zum Loch geringer als die Entfernung Loch - Film ist, werden deutlich unschärfer. Für praktische Zwecke kann man sagen, daß eine Lochkamera eine unendliche Schärfentiefe hat.

Tunneleffekt

Grundsätzlich sollte das verwendete Material so dünn wie nur möglich sein, aber das führt natürlich schnell an Grenzen, da beliebig dünne Folie natürlich nicht zu bekommen ist und das Material außerdem irgendwann nicht mehr handhabbar ist, weil es zu schnell reißt.
Je dicker die Folie ist, desto mehr gleicht das Loch einem Tunnel und man fängt sich neben dem Problem von Reflexionen an den Lochrändern auch irgendwann einen Vignettierungseffekt ein. Wenn der Winkel, bei dem die Vignettierung auftritt, größer ist als der Bildwinkel der Kamera bezogen auf das Negativformat, dann hat das dickere Material in dieser Hinsicht keine Auswirkungen (das Problem der Reflexionen etc. bleibt natürlich).
Eine geometrische Untersuchung der Verhältnisse würde zeigen, daß eine Folie, die nicht dicker als das Ergebnis der nachstehenden Formel ist, für ein gegebenes Filmformat keine Vignettierung verursachen würde:

D = d * F / [SQR(A^2 + B^2) - d/2]

Hierbei ist: D = Dicke des Materials, d = Lochgröße, A und B = Länge der Negativseiten, F = Brennweite

Für eine 6x9 Kamera mit 0,4 mm Loch und 100 mm Brennweite ergeben sich so als Maximaldicke des Materials 0,37 mm. Je kürzer aber die Brennweite der Kamera ist, desto dünner muß dann auch das Material werden.
Die Edelstahl- und Messingfolien, die ich verwende, haben eine Dicke von 0,075 mm. Hier braucht man sich um Vignettierung keine Gedanken mehr machen.


Zuletzt aktualisiert am: 29.12.2001